OpenStreetMap – freie Karten für alle

Der Ausschnitt einer großformatigen Karte, auf der Zirkel und Kompass liegen

Navigieren ist inzwischen so einfach geworden: Man benötigt nur eine Adresse, schon leitet Google Maps direkt zum Ziel. Oder Bing Maps. Oder, oder, oder.
Was diese weit verbreiteten Kartendienste aber alle gemeinsam haben: Sie sind proprietär, gehören also einer Firma. Ihre Daten darf man nicht einfach so weiterverwenden.

In diesem Blogeintrag möchte ich OpenStreetMap, eine kostenfreie Kartenalternative, und ihre Funktionen vorstellen. Dazu habe ich folgende Abschnitte erstellt:

Wo liegt das Problem mit proprietären Kartendaten?

Die Probleme, die nicht gemeinfreie, also allgemeinverfügbare Daten darstellen, sind vielfältig. Für diesen Blogeintrag möchte ich sie von dreivverschiedenen Perspektiven beleuchten: Das Problem, das ich habe, wenn ich die Daten selbst benutzen will, das Problem, dass kostenlose proprietäre Daten eigentlich immer bedeuten, dass ich das Produkt bin, und das Problem der begrenzten Verfügbarkeit.

Welche Probleme stellen sich mir, wenn die Daten einer Firma gehören?

Manchmal genügt es nicht, sich darauf zu verlassen, dass die Empfänger einer Adresse einen Kartendienst benutzen:

  • Man möchte mehr Informationen auf der Karte einzeichnen: Die besten Parkmöglichkeiten in der Nähe der Geburtstagsparty, den trotz Baustellen empfohlenen Weg zum Kino oder die beste Strecke zum Grillfest auf den Feldern.
  • Ein Ausdruck ist besser: Eine Hochzeitseinladung macht sich mit einer gedruckten Karte viel schöner als mit einer nackten Adressangabe, die Souvenirs der letzten Reise werden durch einen Kartenausdruck mit eingezeichneter Route deutlich aufgewertet und eine Karte mit angepinnten Haftnotizen ist in einen Projektorganisationen schlicht die beste Methodik
  • Und zu guter Letzt: Manche Menschen haben schlicht gar kein Smartphone oder einen allgegenwärtigen Datenzugriff und sind auf gedruckte Karten angewiesen.

In all diesen Fällen gilt jedoch: Wer dann einfach einen Screenshot macht und ausdruckt, verstößt gegen das Copyright. Die Kartendaten in Google Maps gehören nämlich Google, die bei Bing Maps gehören Microsoft und so weiter.

Wenn ich nichts bezahle, bin ich meist das Produkt

Diesen Satz habe ich vor inzwischen vielen Jahren irgendwo im Internet gelesen. Er hat mich stutzig gemacht – doch nach längerem Nachdenken musste ich zustimmen. Wenn irgendwo im Internet etwas von einer Firma gratis angeboten wird, dann bin ich bzw. dann sind meine Daten meist das eigentliche Produkt, womit die Firma ihr Geld verdient. Payback-Punkte bringen mir Rabatte – aber verkauft werden sicherlich die Daten, welche Produkte ich bevorzuge, was mit welchen anderen Dingen gemeinsam verkauft wird, zu welchen Zeiten ich welche Läden besuche usw. Google bietet mir kostenlose Navigation – verkauft wird aber vermutlich mein Bewegungsprofil, die Informationen, auf welcher Straße ich mich wie schnell bewege, was für Stauerkennung etc. benutzt wird, und das Speichern der von mir besuchten Orte hilft, mir präzise geschaltete Werbung anzuzeigen.

Kostenlose Daten stehen meist nicht für immer kostenlos zur Verfügung

Das letzte Problem, auf das ich hier eingehen möchte, ist die Tatsache, dass kostenlose Dinge im Internet in der Regel nur so lange kostenlos bleiben, bis die Leute glaube, es gäbe keine Alternative mehr (oder sie mit ihren Daten „bezahlen“, wie im letzten Abschnitt beschrieben). Youtube zum Beispiel war lange völlig kostenlos. Dann wurde Werbung in den Videos eingeblendet. Und seit einiger Zeit soll man auch noch ein Abonnement erwerben, um keine Werbung mehr gezeigt zu bekommen. Sobald sich also der Datenverkauf für Firmen nicht mehr lohnt (oder sie einfach noch mehr Geld verdienen wollen), werden die Kartendienste auch etwas kosten. Und wer dann keine Alternative kennt, hat kaum eine andere Wahl, als zu bezahlen oder wieder den ADAC-Straßenatlas zu benutzen (der ziemlich gut ist, nichts gegen den Atlas).

OpenStreetMap – eine kostenfreie Karte für alle

Es gibt eine Lösung für die oben beschriebenen Probleme: Das Projekt OpenStreetMap. Die Daten dieser Karte basieren auf die Angaben von Freiwilligen, denn OpenStreetMap (oft abgekürzt als OSM) kann von allen, die daran interessiert sind, bearbeitet und benutzt werden. Die Kartendaten sind frei im Netz verfügbar und dürfen kopiert, editiert und benutzt werden, wie auch immer man möchte.

Wie kommt man an diese Karte?

Das Logo der OpenStreetMap: Eine Karte mit einer Lupe, die den darunterliegenden Kartenausschnitt so weit vergrößert, dass man die Einsen und Nullen sehen kann

Die einfachste Möglichkeit ist, https://www.openstreetmap.org aufzurufen, um auf die Karte zu gelangen. Dort kann man links oben Orte suchen und in die Karte hinein- und wieder herauszoomen, genau, wie man es von anderen Kartendiensten kennt.

Ein großer Unterschied zu den kommerziell verfügbaren Kartendiensten wird jedoch sehr schnell auffallen: Die OSM-Webseite ist nicht als Navigationshilfe gedacht. Es gibt dort keine Möglichkeit, eine effiziente Route von A nach B berechnen zu lassen. Da dies aber die häufigste Anwendung im Alltag ist, sind viele Menschen davon verwirrt: Wofür soll eine Karte gut sein, mit der man nicht navigieren kann?

OpenStreetMap kartiert die Welt

Die Idee hinter OpenStreetMap ist es nicht, Google Maps, Bing Maps oder andere Kartendienste inklusive ihrer zusätzlichen Funktionen zu ersetzen. Die Idee ist, die Welt um uns herum in realistischer und aktueller Weise abzubilden. Und dazu gehören viel mehr Daten als nur Adressen. Viel, viel mehr.

OpenStreetMap enthält nicht nur die Koordinaten von Straßenabschnitten, Gebäuden und Adressen. Du bist auf deinem Spaziergang erschöpft und suchst eine Bank, um dich eine Weile hinzusetzen? Du hast dir unterwegs einen Schokoriegel gekauft und siehst dich nach einem Mülleimer um, um das Einwickelpapier zu entsorgen? Um die Straße sicher zu überqueren, suchst du nach einem Fußgängerüberweg mit abgesenktem Bordstein, über die dein Rollstuhl sicher drüberkommt? Du bist mit deiner Feuerwehr im Einsatz und brauchst schnell den Standort des nächsten Hydranten, um die Wasserversorgung aufzubauen?
In all diesen Fällen kann dir OpenStreetMap helfen – vorausgesetzt, jemand hat die benötigten Daten eingetragen.

Wie kommen die Daten in OpenStreetMap?

Die Antwort auf diese Frage hört sich fast schon zu einfach an: Indem jemand sie einträgt. Irgendjemand. Jeder Mensch kann sich an der OpenStreetMap beteiligen und Daten hinzufügen oder editieren. Ob man das nun vom heimischen Computer aus über die Webseite oder mit einer der zahlreichen Apps direkt unterwegs erledigt, spielt dabei keine große Rolle: Es gibt viele Möglichkeiten, sich am Projekt OpenStreetMap zu beteiligen.

Editieren am Computer

Alle, die sich einen Account auf openstreetmap.org erstellen, können dort Kartenänderungen vornehmen. Dabei ist jedoch einiges zu beachten: Im offiziellen OSM-Wiki, das in zahlreichen Sprachen vorliegt, wird erklärt, welche Kategorien von Punkten/Knoten (alles, was an einer einzelnen Koordinate verortet wird, z.B. ein Mülleimer), Linien (z.B. Straßen) und Flächen (z.B. Gebäude) es gibt, welche Eigenschaften ihnen zugeordnet werden können (z.B. die Kategorisierung von Straßengrößen über die Eigenschaft „highway„) und zahlreiche weitere Konventionen. Es ist wichtig, sich an diese Konventionen zu halten. Ein Hydrant beispielsweise, der bei der Kartierung anstatt der offiziellen Eigenschaft „emergency:fire_hydrant“ stattdessen „emergency:hydrant“ erhalten hat, wird nicht in der OpenFireMap erscheinen und im Einsatzfall nicht helfen.

Viele verschiedene Karten beziehen ihre Daten aus OpenStreetMap – nur durch das Befolgen der Konventionen ist es möglich, dass diese Karten die korrekten Daten ziehen.

Editieren unterwegs

Dank verschiedenster Apps ist es möglich, auch am Smartphone schnell und effizient zu kartieren. Für Androidgeräte gibt es hierfür beispielsweise die App „Vespucci„, die in Sachen Detailtiefe und Anpassbarkeit der Webseite in praktisch nichts nachsteht. Auch für iOS stehen zahlreiche Apps bereit, die mir jedoch nicht vertraut sind.

OpenStreetMap lässt sich mit einigen Apps jedoch auch ganz hervorragend durch Anfänger*innen editieren. Eine Android-App, die ich dafür sehr empfehlen kann, ist StreetComplete. Diese App fragt automatisiert fehlende Daten bei OpenStreetMap ab und zeigt sie als einfach zu beantwortende Fragen an. Wenn man StreetComplete also beispielsweise beim Sonntagsspaziergang öffnet und am Wegesrand eine Bank steht, bei der nicht hinterlegt wurde, ob sie über eine Rückenlehne verfügt, so wird genau diese Frage gestellt. Die Beantwortung ist ausgesprochen einfach. Ich mag auch die Gamification der App und kann sie sehr empfehlen. Ein Artikel, in dem ich näher auf die Funktionen von StreetComplete eingehe, ist bereits in Planung und soll demnächst auf diesem Blog erscheinen.

„Wenn jeder OSM editieren kann, was verhindert dann, dass jemand falsche Daten einträgt?“

Diese Frage kommt bei Projekten, an denen sich alle beteiligen können, immer auf. Die Skepsis ist groß: Was passiert, wenn jemand meine Adresse einfach löscht? Oder den Verlauf der A5 plötzlich durch den Rhein leitet? Führt das nicht zu potenziell schlimmen Auswirkungen?

Rein theoretisch betrachtet ist das möglich. Die OpenStreetMap ist ähnlich organisiert wie Wikipedia, zu deren Anfängen auch viele befürchteten, dass nun Falschinformationen Tür und Tor geöffnet würden. Wie gesagt, theoretisch ist das korrekt: Ich kann jederzeit in Wikipedia eintragen, ich hätte das Bürgermeisteramt von Berlin inne. Das stünde dann für die ganze Welt lesbar im inzwischen etabliertesten Nachschlagewerk des Internets.
Doch Wikipedia wird nicht nur von vielen Leuten editiert, sie wird von noch mehr Leuten gelesen. Und da jede Person Änderungen eintragen kann, werden sich innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Personen finden, die wissen, dass die hinterlegte Information falsch ist – und sie werden sie korrigieren. So war es von Beginn an, und inzwischen unterstützen zahlreiche Automatismen diese Qualitätssicherung.

Bei OpenStreetMap ist es genauso. Verändert jemand Informationen, so werden andere Leute dies lesen. Sind die Informationen falsch, so werden sie sie korrigieren bzw. die Änderung rückgängig machen. Es gab bereits zahlreiche solcher Vorfälle, doch nichts davon hat sich lange halten können. Dafür ist die OpenStreetMap-Community zu aktiv.

Mein Fazit: OpenStreetMap ist wertvoll

Ich habe viel Spaß daran, die Welt zu kartieren. Bei Spaziergängen, Wanderungen oder wenn ich geschäftlich in einer anderen Stadt bin und abends zum nächsten Supermarkt laufe, habe ich sehr oft StreetComplete geöffnet und beantworte Fragen oder füge Dinge zur Karte hinzu.

Generell bin ich ein großer Fan von Transparenz und glaube, dass das Teilen von Informationen hilft, die Welt für alle zugänglicher zu gestalten. Viele Karten, die spezielle Bedürfnisse abdecken, beziehen ihre Daten aus der OpenStreetMap. Darunter sind viele gemeinnützige Karten wie z.B. die Wheelmap, die rollstuhlgerechte Orte anzeigt, oder die OpenFireMap, die im Brandfall beim Auffinden von Löschwasserentnahmestellen hilft. Aber auch bei kommerziellen Diensten wird gern auf diese Daten zurückgegriffen. Ich bin mir zum Beispiel ziemlich sicher, dass die Fahrrad- und Wanderapp Komoot die Informationen, auf welchem Untergrund man sich bewegt, aus der OpenStreetMap zieht. Mit meinem Beitrag zur OpenStreetMap verbessere ich also nicht nur gemeinnützige Karten, sondern trage auch dazu bei, dass Kartendaten allgemein besser werden.
Natürlich kann Transparenz auch gegen einen selbst verwendet werden. Kritiker der OpenStreetMap äußern zum Beispiel, dass das Kartieren von medizinischen Einrichtungen in einem Kriegsfall dem Gegner hilft, gezielt solche Ziele anzugreifen. Das ist korrekt – aber der Nutzen überwiegt meiner Meinung nach dennoch deutlich. Denn auch Rettungskräfte nutzen diese Informationen. Und ganz pragmatisch gedacht: All diese Informationen finden sich auch anderwo im Internet. Wir müssen uns die guten Projekte nicht unnötig schwer machen, nur, weil sie in einem hoffentlich stets hypothetischen Fall auch negativen Folgen haben könnten. Im Allgemeinen sind die Folgen von Transparenz positiv.

Und nun, zu guter Letzt, mein Aufruf: Schaut euch die OpenStreetMap doch mal an! Überlegt, wie ihr eure Umgebung durch bessere Kartierung ein bisschen besser machen könntet. Und wenn ihr dann Lust bekommen habt, macht mit! OpenStreetMap ist für alle da.

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